Über Training in der Schwangerschaft gibt es eine Vielzahl an Meinungen. Diese führen häufig zu Missverständnissen und Verunsicherung. Mittlerweile existieren jedoch jede Menge evidenzbasierter Studien, die Aufschluss über Do's and Dont's geben können. Eines schon mal vorweg, die Vorteile von regelmäßigem Training überwiegen ganz eindeutig für die werdenden Mütter und ihre ungeborenen Babys.

Jede Schwangerschaft ist höchst individuell. Manche Frauen sind durchgehend von starker Übelkeit betroffen, andere fühlen sich von Anfang an wohl in ihrem Körper. Beschwerden, die vor der Schwangerschaft bestanden, sind plötzlich wie weggefegt. Auch für Mütter von mehreren Kindern ist jede Schwangerschaft einzigartig. Deshalb ist es wichtig, auf die Signale des eigenen Körpers gut zu hören.

Körperliche Veränderungen im Überblick

1. Trimester
Im ersten Trimester ist die Gewichtszunahme meist relativ gering. Vielen Frauen sieht man nicht an, dass sie schwanger sind. Das Blutvolumen steigt, die Gebärmutter wird größer. Der Fötus an sich ist jedoch noch so klein, dass er kaum ins Gewicht fällt. Im Schnitt braucht der Körper 100 kcal täglich mehr, das entspricht zum Beispiel einer Banane. Durch die hormonelle Umstellung kann es zu Übelkeit kommen, die sich in meist um die 12. Woche wieder legt. Das Herz pumpt im Schnitt 10 % mehr Blut durch den Körper, der Ruhepuls steigt dadurch an und man gerät schneller außer Atem.

2. Trimester
Im zweiten Trimester zeigt sich nun eindeutig ein Schwangerschaftsbauch und das Gewicht steigt an. Der tägliche Kalorienbedarf steigert sich in etwa um 350 kcal und Schwangere nehmen rund 0,5 kg pro Woche an Gewicht zu. Grund hierfür sind die größere Gebärmutter und zusätzliches Gewebe, die größere Brust, Blut, die Plazenta, Fettgewebe und natürlich der wachsende Fötus. Der Körperschwerpunkt verlagert sich, was zu Gleichgewichtsproblemen und einer veränderten Körperwahrnehmung führen kann. Nun nimmt auch der Druck auf den Beckenboden stetig zu. Der eigene Körper nimmt mehr Raum ein, dadurch verändern sich die Distanzen zur Umgebung. Es werden rund 35 % mehr Blutvolumen durch den Körper gepumpt.

3. Trimester
Das Baby nimmt im dritten Trimester am meisten an Größe und Gewicht zu. Hingegen der Annahme für zwei essen zu müssen, sind es in etwa 450 kcal täglich, die der Körper mehr braucht. Ziel ist es, das Wachstum des Babys optimal zu unterstützen und eine gesunde Entwicklung zu gewährleisten. Das Blutvolumen steigt nun auf rd. 50 %, das Herz muss also härter und schneller arbeiten, um das gesteigerte Blutvolumen zu transportieren. Die Blutgefäße sind etwas weicher, wodurch es bei Lageveränderungen vom Liegen zum Sitzen oder Stehen zu einem Abfall des Blutdrucks kommen kann. Durch den größer werdenden Bauch nimmt der Zug entlang der Lendenwirbelsäule zu, so kommt es häufig zu einer Überstreckung der Lendenwirbelsäule und Kippund des Beckens nach vorne. Beschwerden im Rücken und im Iliosacralgelenk treten vermehrt auf. Die Anatomie der Schwangeren muss sich an die veränderten Proportionen anpassen.

Aus der Form?

Eine Gewichtszunahme über die gesamte Schwangerschaft hinweg von rund 12,5 kg völlig normal. Bei Mehrlingsschwangerschaften sprechen wir von einer Zunahme von mindestens 16 kg. Bei untergewichtigen, übergewichtigen und fettleibigen Frauen verhält es sich ein wenig anders. Frauen, die vor der Schwangerschaft ein niedriges Körpergewicht haben, sollten tendenziell mehr zunehmen, übergewichtige und fettleibige Frauen entsprechend weniger.
Das zusätzliche Fett, das der Körper während der Schwangerschaft einlagert ist wesentlich, um auf die Strapazen der Geburt und die Stillzeit gut vorbereitet zu sein. Dafür wird sehr viel Energie benötigt. Die meisten Frauen verlieren das zusätzliche Gewicht während der Stillzeit und sind spätestens nach einem Jahr wieder auf dem Niveau vor der Schwangerschaft.

Die Gewichtszunahme während einer Schwangerschaft macht vielen Frauen Angst. Dabei ist sie völlig normal und dringend notwendig, denn nur so können Baby und Mutter gesund durch diese intensive Zeit kommen.
Je nach Ausgangssituation kann es sein, dass sich der Körper schon recht rasch verändert. Bei schlanken Frauen ist der Bauch nach wenigen Wochen schon nicht mehr flach, generell wird das Gewebe laxer, und damit die Körperproportionen weicher. Für sportliche Frauen ist das oft ungewohnt und schafft Verunsicherung.
Regelmäßige Bewegung und Training sind in diesem Fall sehr hilfreich, das Wohlbefinden zu verbessern und mit Veränderungen leichter umgehen zu können.

Benefits vom Training in der Schwangerschaft

Frauen, die während der Schwangerschaft trainieren, halten ihren Fitnesslevel aufrecht, im besten Fall verbessern sie diesen sogar.
Es gibt zahlreiche Studien, die sich mit dem Thema Training und Schwangerschaft auseinandergesetzt haben. Diese kommen zu folgenden Ergebnissen:
– Regelmäßiges Training kann das Risiko, Schwangerschaftsdiabetes zu bekommen reduzieren.
– Der Blutzuckerspiegel bleibt stabiler
– Stimmungsschwankungen fallen geringer aus
– Haltungsprobleme können durch regelmäßiges Krafttraining deutlich reduziert werden, Rückenschmerzen fallen nicht so massiv aus
– Die Körperwahrnehmung und Stabilität ist besser
– Blutgefäße bleiben gesund und das Risiko für Herzkreislauferkrankungen wird in Zukunft reduziert, sowohl für die Mutter als auch für das Baby
– Der Stoffwechsel wird positiv beeinflusst und so haben Babys ein geringeres Risiko zukünftig an Diabetes zu erkranken.
– Die Schlafqualität, die mit fortschreitender Schwangerschaft oft nachlässt, wird optimiert
– Die Geburt verlangt dem Körper unglaublich viel ab, kraft- als auch ausdauermäßig. Die Vorteile vom Training zeigen sich währenddessen als auch in der Regeneration

Auch die ungeborenen Babys profitieren vom Training. Die Entwicklung der Organe des Fötus wird positiv unterstützt, ebenso wie das Wachstum der Plazenta.

Welches und wieviel an Training hängt von mehreren Faktoren ab. Die Ausgangssituation, mit der Frauen in die Schwangerschaft gehen, spielt dabei eine wesentliche Rolle.
Wie das Training in der Schwangerschaft konkret aussehen kann, erfahrt ihr im Teil 2 in der kommende Woche.

Literaturquellen:

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Ritva S. Mikkonen, Daiana P. Rodrigues-de-Souza, Johanna K. Ihalainen. Chapter 18 - Exercise and pregnancy. Editor(s): Diana Vaamonde, Anthony C. Hackney, Juan Manuel Garcia-Manso. Fertility, Pregnancy, and Wellness, Elsevier, 2022. Pages 319-341. https://doi.org/10.1016/B978-0-12-818309-0.00003-4. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/B9780128183090000034.

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Stacy T. Sims, PHD: ROAR; How to match your food and fitness to your female physiology for optimum performance, great health, and a strong, lean body for life. Rodale, 2016