Die Vorteile vom Training in der Schwangerschaft sind eindeutig sowohl für die Mutter als auch das Baby. (Siehe Teil 1: Training in der Schwangerschaft) Am besten ist es, eine kontinuierliche Trainingsroutine von Anfang an zu implementieren.
Für alle sportlichen Frauen bedeutet dies, ihr regelmäßiges Training mit ein paar Anpassungen weiterhin zu absolvieren. Denn anfängliche Übelkeit und Unwohlsein wird teilweise durch Bewegung deutlich reduziert. Der körperliche Stress, den das Training auslöst, führt bei den Ungeborenen zu positiven Anpassungen. So ist das Baby besser auf zukünftige Umwelteinflüsse vorbereitet, auch dessen Stoffwechsel wird optimiert.
Eine fitte Mama tut sich während der Schwangerschaft, der Geburt, aber auch bei der Regeneration nach der Geburt um vieles leichter. Und genau darauf zielt das Training ab!

Tue, was dir gut tut!

Riskante Sportarten sollten vermieden werden. Das Risiko Mamma und Baby zu verletzen ist einfach zu groß. Also bitte kein Fallschirmspringen, Boxkämpfe und ähnliches. Auch Radrennen sind aufgrund der hohen Geschwindigkeiten und der Gefahr, dass andere Teilnehmerinnen einen selbst zu Fall bringen nicht zu empfehlen. Es spricht jedoch nichts gegen Ausflüge mit dem Rennrad bei guter Witterung und kontrolliertem Tempo.
Grundsätzlich können Läuferinnen weiterhin Laufen, wenn es nicht unangenehm ist. Wenn das Gewicht der Gebährmutter und des Babys zu stark auf die Blase und den Beckenboden drücken, macht es so oder so wenig Spaß. Schnelles Spazierengehen, Einheiten auf dem Crosstrainer, Rudergerät oder Schwimmen bieten sich perfekt an, um an der Ausdauer zu arbeiten und sind risikolos.
Frauen, die ihr Leben lang täglich am Pferd sitzen, können dies auch weiterhin tun.

Wie oft muss ich welche Reize muss ich setzen?

Um die genannten Anpassungen bei Mama und Baby zu erreichen, ist es notwendig, regelmäßig zu trainieren. Im besten Fall täglich oder zumindest mehrmals die Woche. Zwischen 30 – 45 Minuten sind dabei ein guter Anhaltspunkt.
Optimaler Weise besteht das Training aus einer Cardiokomponente und Krafttraining. Ziel ist es, bei trainierten Frauen Kraft und Ausdauer so gut wie möglich zu halten. Lieber mehr Wiederholungen im Bereich 15 – 20 mit weniger Gewicht absolvieren anstatt schwere Lasten zu heben. Untrainierte Frauen können durch das Training ihre Ausdauer und Kraft sogar verbessern.

1. Trimester
Viele Frauen sind müde, haben mit Übelkeit zu kämpfen und spüren, dass der Körper mehr Blut transportieren muss.
Cardio:
Alles erlaubt, was Spaß macht und kein Risiko mit sich bringt
Krafttraining:
* Schwerpunkt auf Kraftausdauer (15 –20 WH, 3 – 5 Sätze)
* Techniktraining und Aufbau eines Muskelgedächtnis
* Corestabilität trainieren, Fokus auf Training des Transversus (tiefer querer Bauchmuskel)

2. Trimester
Meist kehrt die Energie zurück und Schwangere fühlen sich wohl. Der Bauch wird nun sichtbar und die Körperproportionen verändern sich.
Cardio:
Low-impact Training am Crosstrainer, Ergometer, Schwimmen, Spazierengehen, Wandern, Radfahren...
Krafttraining:
* Schwerpunkt auf Haltung
* Kraftausdauer (15 –20 WH, 3 – 5 Sätze)
* Speziell Corestabilität zur Vermeidung eines Hohlrückens trainieren
* Beckenbodenübungen
* Balanceübungen (Ausfallschritte, einbeinig arbeiten)

3. Trimester
Nun wird es immer beschwerlicher, der Bauch wächst, das Gewicht steigt und die Lungenkapazität ist verringert.
Cardio:
Alles, was gut tut. Zu starken Druck auf den Beckenboden vermeiden!
Krafttraining:
* Mobilityübungen, um Spannungen zu verringern und gleichzeitig Stabilität zu aufzubauen
* Übungen zur Stärkung des Beckenbodens
* Anpassungen bei Übungen durch wachsenden Bauch unbedingt vornehmen
* Übungsauswahl mit Fokus auf Reduktion von individuellen Beschwerden wie Verspannungen, Instabilität...

Generelle Tipps

* Da die Körpertemperatur steigt und der Körper an sich schneller erhitzt, sollte man eher in einer kühlen Umgebung trainieren.
* Extremes Stretching, federnde und schwunggymnasitische Übungen sind nicht zurück empfehlen, da hormonell bedingt die Beweglichkeit steigt. Dies führt zu unnötigen und langwierigen Verletzungen.
* Übungen in der Bauchlage fühlen sich meist schon im ersten Trimester unangenehm an. Besser ist hier der Vierfüßlerstand.
* Übungen in der Rückenlage können zu Übelkeit und Schwindel führen, daher macht eine höhere Lagerung des Oberkörpers Sinn (Vena Cave Syndrom)
* Wenn die Atmung zu schnell wird, heißt es Ruhe bewahren und wieder bewusster atmen.
* Keine Aufrollbewegungen, Crunces etc. ab rd. 20. SSW, da eine Rectus Diastase dadurch gefördert werden kann. Statisches Coretraining!

Es ist wichtig, Risiko und Nutzen ganz klar abzuwiegen. Und nichts zu tun, wobei man sich selbst unsicher fühlt. Gerade in der Schwangerschaft sagt einem der Körper unmissverständlich, was er gut findet und was nicht. So macht das Training Spaß und man kann die Schwangerschaft trotz körperlicher Veränderungen genießen.

Literaturquellen:

Stacy T. Sims, PHD: ROAR; How to match your food and fitness to your female physiology for optimum performance, great health, and a strong, lean body for life. Rodale, 2016

Wise, Stephanie L. MS, ATC, CSCS1; Binkley, Jean L. MSN, MEd, RN2; Binkley, Helen M. PhD, ATC, CSCS, NSCA-CPT, FNSCA1. Pregnancy and Postpartum Training: Coaching Considerations. Strength and Conditioning Journal: August 2020 - Volume 42 - Issue 4 - p 93-104. doi: 10.1519/SSC.0000000000000557. https://journals.lww.com/nsca-scj/Fulltext/2020/08000/Pregnancy_and_Postpartum_Training__Coaching.11.aspx

Schoenfeld, Brad MSc, CSCS. Resistance Training During Pregnancy: Safe and Effective Program Design. Strength and Conditioning Journal: October 2011 - Volume 33 - Issue 5 - p 67-75. doi: 10.1519/SSC.0b013e31822ec2d8. https://journals.lww.com/nsca-scj/FullText/2011/10000/Resistance_Training_During_Pregnancy__Safe_and.9.aspx

Heidi Prather, Tracy Spitznagle, Devyani Hunt. Benefits of Exercise During Pregnancy. PM&R. Volume 4, Issue 11, 2012. Pages 845-850. https://doi.org/10.1016/j.pmrj.2012.07.012. https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S193414821200370X